Anzeige

5. Bamberger Fastenpredigt mit einem überragenden Arnd Rühlmann: Ein Bruder mit ganz spitzer Zunge

Aktuelles
Foto: Thomas Pregl

Vier mal stach als Trumpfass bei der Bamberger Fastenpredigt Andreas Ulich als Bruder Michael,  bei der 5. Fastenpredigt,  veranstaltet von AGIL , sollte Arnd Rühlmann alias Bruder Ignazius als sein Nachfolger das Bamberger Grauen unter der braunen Mönchskutte hervor zerren. Über 500 erwartungsschwangere Fastenfreunde, darunter einige Prominenz (oder was sich dafür hielt), wollten sich die nackten Tatsachen eines bewegten Jahres  bei Bockbier, Brezeln und Leberkäsbrötchen im proppenvollen Saal der Ziegelei des „Welcome Kongress Hotel“ nicht entgehen lassen. Und sie wurden mehr als belohnt: Rühlmann, Kleinkunstkennern  als Chef des nana-Theaters bekannt, stieg mit seiner fulminanten  Rede zum neuen Stern am Bamberger Kabaretthimmel auf.
Die mit dumpfen Glockenschlägen angekündigte Fastenpredigt hatte wesentlich mehr Umdrehungen als das begeisterungsfähige helle Fastenbier der Brauerei Ambräusianum. Genüsslich, pointensicher, mit spitzer Zunge, frank und frei von der Leber weg und mit stimmgewaltigem Gesang zog Bruder Ignazius mit aufklärerischem Blick durch seine Nickelbrille alles durch den Kakao, was in Bamberg, Umgebung und Deutschland Rang und Namen hat. Schon sein Bruder im Geiste, Andreas Ulich, dem er nun nachfolgte, attestierte Rühlmann  FDP-Qualitäten: „Der hat wohl den Lindner gemacht!“ Auch wenn der Ausnahmekünstler betonte, dass seine „Liste der politischen Fehlleistungen“ keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebe, so war sie doch verdammt lang.
Die Überraschung von Oberbürgermeister Andreas Starke angesichts der Sandkerwa-Absage („Bambergs dunkelste Stunde“), die für alle doch keineswegs überraschend gekommen wäre, „die „Manipulationsfetischisten der AfD“,  die „Undercover-Reise mit Rassisten“ eines Neon-Journalisten, die die Beteiligung eines Bamberger AfD-Buchhändlers aufdeckte, die „Riesen-Legos“ auf dem Maxplatz, die merkwürdige Kostenanalyse für die ICE-Trasse durch Bamberg oder die ausgefallene „Ein-Mann-Parade“ von Brose-Chef Michael Stoschek im „Amphibien-Theater“  standen ebenso auf der Sündenliste wie die Befürchtung einiger Politgrößen, dass  Bamberg nicht weiter wachsen dürfe, da es sonst keine Zuschüsse mehr gebe. Die passenden Sprüche für eine solche „Mittelmäßigkeit“ lieferte Bruder Ignazius gleich mit: „Make Bamberg small again!“ Oder: „Bamberg – das fränkische Bielefeld!“
Überlegenswert hielt der Fastenprediger die Errichtung eines Denkmals für CSU-Fraktionsführer Dr. Helmut Müller, der die Sandkerwa als Belustigung für das saufende Prekariat bezeichnet hatte. „Ein Politiker, der sich gegen das Saufen ausspricht – ist dies zu glauben?“, wunderte sich der Kuttenträger. Und Müllers Äußerungen seien umso erstaunlicher, „da der CSU-Erfolg seit 70 Jahren auf extensiven Alkohol beruht“. Auch der „Ehe für alle“ konnte er gute Seiten abgewinnen: „Wenn Schwule untereinander heiraten dürfen, wird es in Zukunft noch schwerer, das Zölibat aufrecht zu erhalten!“
Natürlich kann keine Fastenpredigt ohne SPD-Fraktionsführer und Marketing-Experten Klaus Stieringer auskommen. Zur Melodie von James Bonds „Goldfinger“ sang Bruder vom „Geldbringer“ , „König vom Maxplatz“ und „Gebieter der Großbildleinwand“, der den Rubel des Volkes rollen ließe. Zauber, Blues oder Wein – bei Stieringer sei alles gleich, getreu dem Motto „Geschäftssinn pur – und das nennt er dann Kultur!“  Dem Großgewicht der Bamberger Politik empfahl  er eine ganz spezielle Fastenkur für die Feste: „Lieber ruhiger und kleiner – dafür ohne Warsteiner!“
Nach rund 90 Minuten gekonnten  Wiederkäuens von Dingen, die mancher Bamberger noch nicht verdaut hat oder die ihm wie Klöß  im Hals stecken, ließ es Bruder Ignazius mit seiner flammenden Philippika gut sein. Donnernder Applaus, Bravo-Rufe und Standing Ovations waren der gerechte Lohn für den lästernden und für einige im und außerhalb des Saals sicherlich lästigen Gottesmann.

Thomas Pregl

Zurück zum Seitenanfang