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Schlecht gelaunt und untervögelt: Der männlichste Monat von allen (Kolumne FN November 2022)

Kolumne "Das letzte Wort"
Arnd Rühlmann

„It’s a man’s world …“ So der Titel eines unverwüstlichen James-Brown-Klassikers. Und genau wie der – vom Rolling Stone Magazine als „biblisch chauvinistisch“ bezeichnete – Song ist auch das doofe Patriarchat einfach nicht totzukriegen. Nachdem nun heuer noch eine der letzten uralten Frauenbastionen gefallen ist, nämlich das Britannien-Regieren, scheint es um die Gleichstellung schlechter bestellt denn je.

Jetzt ist der November da, dieser nasskalte, neblige und niederdrückende Abschnitt zwischen Halloween und Weihnachten, und offenbar scheinen sich richtige Kerle gerade mit diesem freudlosen Mistmonat besonders gut identifizieren zu können.

Jedenfalls ruft das Internet seit 2003 zum sogenannten „Movember“ auf. („Mo“ für „Moustache“, deutsch: Schnurrbart.) So soll man durch Züchtung eines Oberlippengewächses ein Mahnmal für Männergesundheit setzen und Spenden für Prostatakrebsforschung o.ä. sammeln. Ein hehres Ziel.
Leider wirken die wenigsten Gesichtsbehaarten mit so einem Suppensieb sexy wie James Franco oder Tom Selleck, sondern erinnern eher an Günther Grass oder Borat, im besten Fall Heinz Kuntke. Das wertet diese Jahreszeit ästhetisch nicht gerade auf.
Ganz absurd erscheint dann aber die Aktion des „NoNutNovember“, eine Internet-Challenge, bei der die Teilnehmer sich verpflichten, den ganzen Monat auf Masturbation und andere orgasmuserzeugende Maßnahmen zu verzichten.

Dass die – vorgeblich selbstgewählte – Enthaltsamkeit das Immunsystem stärken und die Spermienqualität steigern soll, ist ja schon extrem entzückender Unsinn. Doch dass die Palmwedel-Verweigerung ausgerechnet auch Aggressionen abbauen soll, sorgt selbst beim medizinischen Laien für verdutztes Stirnrunzeln.

Umso lustiger, dass in den letzten Jahren verstärkt die braune Schwurbler-Blase diese kümmerliche Keuschheits-Kampagne übernommen hat, was u.a. dazu führt, dass im November regelmäßig Drohungen von rechten Gruppierungen bei den Online-Abspritzseiten eingehen. Dabei hat man eigentlich den Eindruck, Hand an sich zu legen wäre eine der letzten Vergnügungen, die … (Fast hätte ich einen Wichser-Witz gemacht, aber dies ist ein seriöses Veranstaltungsmagazin, da sollte ich mir sowas lieber verkneifen!)

Liebe Frauen: Wenn Sie also in den nächsten Wochen einigen extrem übellaunigen Typen mit Schnauzer über den Weg laufen, seien Sie nachsichtig. Im Dezember kommen die Bröselbesen runter, und sobald die Jungs wieder nett zu sich selbst sein dürfen, steigt auch die Laune wieder auf das normale fränkisch-grummelige Maß.

Und Ihr, Brüder! Wenn Ihr diesen Monat unbedingt Euren inneren Aktivisten channeln wollt, dann wartet doch bis zum 25.11., denn da ist der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen, und das wäre doch mal ein Thema, über das Männer wirklich mehr nachdenken sollten.

Kolumne von Arnd Rühlmann

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