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Einmal Rückfahrt-Ticket in die Regionalliga, bitte! Die unglaubliche Achterbahnfahrt des FC Eintracht Bamberg

Bamberg News
Tribüne: Erfolgsfaktor Fans: Spieler und Anhänger verstehen sich bei den Domreitern schon lange wieder als feste Einheit. Foto: FC Eintracht Bamberg

Zwei feierfreudige Aufstiege hatte Marc Reischmann mit dem FC Eintracht Bamberg schon mitgemacht. Doch was am 20. Mai im Bamberger Fuchs-Park-Stadion passiert ist, macht aus dem routinierten und sonst eher ruhigen Mittelfeldspieler ein hochexplosives Gemisch aus Emotion und Leidenschaft. „Diese Stimmung, diese Atmosphäre – einfach unbeschreiblich“, sprüht Reischmann vor Begeisterung. Mehr als 1000 Anhänger feierten auch eine halbe Stunde nach Schlusspfiff die jungen Domreiter, die soeben das geschafft hatten, womit vor der Saison so gut wie niemand gerechnet hatte: nahezu auf den Tag genau nach acht langen Jahren in die Regionalliga Bayern zurückzukehren.

Fast 70 Prozent sind FCE-Eigengewächse
Marc Reischmann ist eines der Gesichter, die für die unglaubliche Erfolgsgeschichte des FC Eintracht stehen. Der 30-Jährige kam aus Baden-Württemberg zum Studieren nach Bamberg und schloss sich 2017 dem Verein an. Im darauffolgenden Jahr schaffte er mit den Domreitern den Sprung von der Bezirksliga in die Landesliga – und setzte im Mai 2019 mit dem Aufstieg in die Bayernliga noch eins drauf. Zu diesen „Spielern der ersten Stunde“ gehörten auch Felix Popp, Tobias Linz, Simon Kollmer und Fabian Dellermann, wobei die letzten drei waschechte Bamberger Eigengewächse sind. So wie fast 70 Prozent des Teams, das jetzt überraschend die Meisterschaft in der Bayernliga Nord geholt hat. Ein Wert, der in Bayern und vermutlich darüber hinaus einmalig sein dürfte. Und der maßgeblichen Anteil daran hat, warum der FC Eintracht Bamberg nach dem tiefen Fall in die Bezirksliga das Rückfahrt-Ticket in die Regionalliga gelöst hat.

Der letzte Auftritt in der Regionalliga
Die Achterbahnfahrt des FCE begann am 23. Mai 2015. Stimmung wollte im Fuchs-Park-Stadion an diesem Tag schon gar keine mehr aufkommen: Seit langem stand fest, dass der FC Eintracht Bamberg aus der Regionalliga Bayern absteigen würde. Die mit so großen Ambitionen und Erwartungen in die Saison gestartete Mannschaft war auf ganzer Linie gescheitert. Schuld an der Misere waren vor allem die vielen Unentschieden, die das von Roberto Pätzold (später FC Ingolstadt) trainierte Team in der Tabelle stets auf der Stelle hatte treten lassen. 14 Mal Remis – so viele Punkteteilungen standen bei keiner anderen Mannschaft in der Regionalliga auf dem Endtableau. Und das bei nur vier Siegen. Insofern spielte es auch keine Rolle mehr, dass der FCE am letzten Spieltag gegen den TSV Buchbach 2:4 verlor. Die Zuschauer stellten sich nach dem Schlusspfiff die Frage, wann es wohl wieder Viertliga-Fußball in Bamberg geben würde

Erfolgreiche Sanierung
Was niemand zu diesem Zeitpunkt unter den FCE-Anhängern wusste: Der Fall aus der Regionalliga Bayern war nur der Beginn einer schleichenden Dekadenz des Traditionsklubs aus dem Bamberger Osten, die mit der Insolvenz und zwei weiteren Abstiegen in Folge ihren unrühmlichen Gipfel fand. Als Glücksfall für den Verein erwies sich der Einstieg des langjährigen Vorstandsvorsitzenden Jörg Schmalfuß und des heutigen Vorstandssprechers Sascha Dorsch. Beiden gelang es in stundenlanger und nervenaufreibender ehrenamtlicher Arbeit, das Insolvenzverfahren geordnet abzuschließen und den Verein von Grund auf zu sanieren.

Zurück zu den Wurzeln
„Das war für uns der Zeitpunkt, wo wir gesagt haben, wir starten ab sofort völlig neu durch“, blickt Sascha Dorsch auf den Sommer 2017 zurück. Und das hieß, zurück zu den Wurzeln, zurück zur DNA des FC Eintracht. Zurück zu dem, was der Verein schon immer konnte und wovon er schon immer profitiert hatte: Junge Talente, die beim FC Eintracht groß geworden waren, an die erste Mannschaft heranzuführen. Der Verein profitiert seitdem von seiner aufwändigen Jugendarbeit im eigens privat betriebenen Domreiter-Leistungszentrum, wo die Verantwortlichen aus einem Fundus von 22 Nachwuchsteams schöpfen können. „Und wenn wir für die erste Mannschaft jemanden von extern holen, dann muss der vor allem charakterlich in unser Teamgefüge passen“, betont Dorsch. Wer Geld verdienen wolle, müsse sich einen anderen Klub suchen.

Teamgeist als Erfolgsrezept
Diese Philosophie ist letztlich verantwortlich für den sportlichen Erfolg der vergangenen Jahre. Mannschaftliche Geschlossenheit und Teamgeist führten von Aufstieg zu Aufstieg – gerade in der vor kurzem beendeten Bayernliga-Saison, wo ohne Frage Teams mit besseren Einzelspielern als beim FCE aufgelaufen sind. Von den Etats mal ganz zu schweigen. Dazu kam ein glückliches Händchen bei der Trainerwahl. Erst Michael Hutzler, dann Julian Kolbeck und jetzt Jan Gernlein. Jedem von ihnen gelang es, die Mannschaft Stück für Stück weiterzuentwickeln. „Das Vertrauen bei Sponsoren und Gönnern ist zurück, bei den Zuschauerzahlen sind wir stets unter den Top 2 der Liga – und die Domreiter sind als Marke etabliert. Die harte Arbeit der vergangenen Jahre hat sich also ausgezahlt“, lautet das Fazit von Sascha Dorsch.

Reif für die Regionalliga?
Sind die Domreiter, die immerhin zu den Gründungsmitgliedern der Regionalliga Bayern gehören, also für das neue Abenteuer bereit? „Es ist noch sehr viel zu tun, vor allem im Umfeld.  Aber wir sind zuversichtlich und freuen uns auf die Regionalliga“, sagt Dorsch. Und Chefcoach Jan Gernlein ergänzt: „In erster Linie wollen wir uns wieder ein Stück weiterentwickeln, auch wenn die Aufgabe verdammt schwer wird. Wir verspüren aber keinen Druck und gehen mit der gleichen Demut an die Arbeit wie eine Klasse tiefer!“

Text: Adrian Grodel

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