Kolumne "Das letzte Wort"
Aus irgendeinem Grund lieben die Deutschen Podcasts. Immerhin hören fast 30% der Bevölkerung regelmäßig zu, wenn selbstverliebte Schwätzer wie Richard David Precht („Nürnberg ist eine große Problemstadt!“) oder die Kaulitz-Zwillinge („Ich will so pinkeln wie du.“) stundenlang gefallsüchtiges Geblubber von sich geben.
Leider wurde heuer die Verleihung des Deutschen Podcast Preises abgesagt, weil zu wenig Podcaster:innen mitmachen wollten. Deshalb würde ich gerne einen alternativen Preis verleihen, und zwar für den dämlichsten Dummsinn in einem Podcast. (Vielleicht findet sich ja ein:e Bamberger Künstler:in, der oder die eine entsprechende Trophäe gestaltet? „Die goldene Leerwaafm“ oder so?)
Bekommen soll diese Auszeichnung unbedingt Oliver Pocher, von dem ich immer wieder lese, er sei ein „Comedian“, auch wenn ich für diese Behauptung keinerlei Belege oder Quellen finden konnte. Im Podcast „{ungeskriptet} by Ben“ klagte er kürzlich über Wokeness, Gender-Debatten und Empörungskultur. In der marktschreierisch betitelten Episode „Früher war ich lustig, heute bin ich Nazi“ (auch hier für beide Behauptungen keinerlei Bezugsquellen) behauptete er u.a.: „Leute wollen keine Regenbogenfahne beim Rewe mehr sehen“ und „99% der Leute wollen keine gleichgeschlechtlichen Toiletten.“ (Für beides: keine Belege, Zahlen ausgedacht. Außerdem meinte er vermutlich „geschlechtsneutrale“ Toiletten, was mich tatsächlich kurz zum Schmunzeln brachte, aber wohl unabsichtlich.)
„Also ich darf mich jetzt nur noch lustig machen über heterosexuelle Weiße, das war es schon. Frauen – schwierig. Homosexuelle – schwierig (…) Mir ist das zu anstrengend.“ Mal abgesehen davon, dass die Pointen-Zielgruppe weißer Heteromänner doch eigentlich groß genug sein sollte, hat meiner Erfahrung nach niemand etwas dagegen, wenn man Frauen oder Homos verspottet, vorausgesetzt man macht es eben nicht auf frauenverachtende oder schwulenfeindliche Art. Aber im Grunde sagt der Herr Pocher ja damit nur: Wenn ich nicht Minderheiten, Randgruppen oder Benachteiligte verhöhnen darf, fällt mir nichts ein. Dieses Gejammer kennen wir ja auch von Humorgreisen wie Didi Hallervorden, der eben keine Sketche schreiben kann, in denen das Wort „Neger“ nicht vorkommt.
Vielleicht hat das ein bisschen mit dem deutschen Humor an sich zu tun, dem man ja nachsagt, dass wir lieber „nach unten“ lachen als über die Reichen und Mächtigen. Und vielleicht wäre das doch ein guter Neujahrsvorsatz: Lasst uns alle gemeinsam 2026 recht laut die Schaefflers und Stoscheks auslachen, die Stieringers und die Felixe; und lasst uns versuchen, diejenigen, denen das Leben es ohnehin etwas schwerer macht, nicht noch zusätzlich zu kränken. Und vielleicht verschwinden dann solche Leerwaafm wie dieser Oliver Wiehießernochgleich endlich in der verdienten Vergessenheit.
Arnd Rühlmann